Triathlon und anderer Ausdauersport

27. August 2014

Eiskalt erwischt

Vor einigen Jahren war ich schon mal kurz in Kopenhagen und Dänemark, dieses Jahr hatte ich beim Ironman Kopenhagen die Möglichkeit Land und Leute endlich besser kennenzulernen. Schon am ersten Tagen ist mir die entspanntere Atmosphäre im Lande aufgefallen: alles läuft weniger hektisch und aggressiv ab, die Menschen sind freundlich, hilfsbereit, sie lächeln und lachen mehr. Schon auf der Autobahn geht es entspannter zu, was nicht ausschliesslich an der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit liegen muss. Auch in der Stadt ist der Umgang miteinander viel entspannter. Eine Atmosphäre, in der sich leben lässt und die sich zum Teil auch auf die Athleten übertrug – vieles ging trotz der hohen Teilnehmerzahl von über 3000 Athleten schon im Vorfeld viel entspannter zu. Alles war so organisiert, dass es meist kein grosses Gedränge und keine langen Schlangen gab. Die 3 Wettkampfstrecken waren aus Athletensicht ähnlich gut gewählt, so dass sich der Stress für die am Wettkampf Unbeteiligten hoffentlich auch weitgehend in Grenzen hielt. 

Einchecken am Schwimmstart
Zu meinem eigenen Rennen .. ein Rennen, das ich lieber schnell vergessen will. Es war meine inzwischen 15. Langdistanz und leider mit Abstand meine schlechteste. Eine Erklärung habe ich noch nicht. Manch einer in meinem Umfeld vermutet eine gewisse Erschöpfung nach den Vorbelastungen, die ich hatte, doch das erklärt mir nicht den drastischen Leistungsabfall zu allen vorherigen Rennen, den ich vom Start an erlebt habe. Nach dem Landstart ins ca. 15°C kalte Eiswasser zeigte mein Körper nach wenigen Metern eine Art Schockreaktion wie ich sie noch nicht erlebt habe, die über die normale Panik im Anfangsgewühl weit hinausging. 2x musste ich mich deshalb im flacheren Bereich in Ufernähe sammeln, überlegte auszusteigen und verkündete das sogar einem der begleitenden Kajakfahrer. Als ich mich beruhigt hatte, setzte ich das Rennen dann doch in gemässigtem Tempo fort. Endlich auf dem Rad besserte sich mein Zustand kaum und ich konnte leider zu keiner Zeit meine normale Leistung abrufen. Ich konnte mich gedanklich damit abfinden, dass es heute um nichts anderes als das Finishen gehen konnte – nie zuvor habe ich bei einem Rennen so oft an das Aussteigen denken müssen. Das Einzige, was mich aufmunterte, war zu sehen, dass andere nicht viel schneller waren und ich noch eine reelle Chance hatte, das Rennen zu beenden – zumindest wollte ich nochmal die Laufstrecke kennenlernen. Beim Marathon setzte sich das grausame Spiel fort und der 3-Stunden-Marathoni mutierte hier zu einem knapp 6-Std-Power-Walker. Die Unterstützung der Menschen war, egal ob es regnete oder die Sonne schien, immer wieder toll. Und gerade als es nach hinten heraus auf der Strecke leerer wurde, harrten einige immer noch einige Hartgesottene aus, feuerten uns unermüdlich an und leisteten dabei ihren eigenen harten Ironman. Einige waren so beharrlich, dass ich geschunden wie ich war trotzdem gar nicht anders konnte, als mal wieder einige Meter zu laufen. Letztendlich habe ich mein Rennen ins Ziel gebracht, mir Finishermedaille und –hemd abgeholt.

Die Organisation des Wettkampfs war sehr gut. Beim Schwimmen fand ich die Streckenangaben an den Brücken klasse, Wellengang war kein Problem. Die Radstrecke war toll: erst die wunderschöne Küstenstrasse gen Norden und dann über das sehr ländliche Hinterland zurück; hier hätte ich mir nur manchmal eine komplette Strassensperrung gewünscht, da es auf der einen Strassenseite mit dem oft schlechten, rechten Strassenrand und den vielen Radfahrern doch arg eng wurde. Mitunter war es recht windig und kalt, aber nichts anderes hatte ich in Skandinavien erwartet - mir war das sogar gar nicht so unrecht. Die Laufstrecke führte an zahlreichen Sehenswürdigkeiten Kopenhagens vorbei und wer bis dahin die Stadt noch nicht gesehen hatte, der bekam spätestens jetzt die Hauptstadt gezeigt. Nachdem wir auf unseren Runden ganze 8 Mal daran vorbeikamen, hätte ich mir allerdings gewünscht, dass mir die Eis- und Waffelbäcker in Nyhavn mal zur Abwechslung ein leckeres Eis in frischgebackenen Waffel aus dem Laden bringen und ich nicht nur auf die Wettkampfverpflegung angewiesen wäre. Spass beiseite: auch an dieser Strecke gab es aus meiner Sicht nichts auszusetzen.

Fazit: eine top Veranstaltung, etwas familiärer und entspannter als woanders in Mitteleuropa, Langdistanz Nr. 15 bzw. "Ironman" Nr. 9 gefinisht, eine tolle Stadt und ein schöner Urlaub – danke Dänemark!!!

16. Juli 2014

Rückkehr an den Main

Es war 2002 als ich meinen ersten „Ultralangdistanz-Triathlon“ gefinisht habe. Ursprünglich war dafür - mein grosser Traum – der Challenge in Roth geplant. Doch wie es der Zufall so wollte, wurde ich am Ort des Geschehens kurz vor dem Rennen krank und konnte letztendlich nicht starten. Nach 2 Wochen Trübsal meldete ich mich kurzfristig zu dem damals noch neuen Ironman Frankfurt an und durfte mich einen Monat später dann endlich „Ironman“ nennen. 2005 kehrte ich zurück nach Frankfurt – was mir aus diesem Jahr im Gedächtnis geblieben ist, sind eine verschmierte Brille beim Schwimmen, heftige Rückenschmerzen auf dem Rad und die Hitzeschlacht beim Marathon. Seither hat mich trotz weiterer Langdistanzen nichts mehr zurück nach Frankfurt gezogen. Nun, 14 Jahre später, wollte ich es mal wieder probieren. Durch die räumliche Nähe hat das Rennen ja auch gewisse Vorteile für mich. Leider war die Vorbereitung suboptimal. Aufgrund meiner Achillessehnenreizung hatte ich kaum Lauftrainingskilometer und fast ausschliesslich Schwimmen und Radfahren trainiert. Und auch diese beiden Disziplinen nur bedingt, sollte das Training den Heilungsprozess doch nicht zu sehr beeinflussen. So ging ich ohne grosse Erwartungen in dieses Rennen. Für die ersten beiden Disziplinen konnte ich mich halbwegs gut einschätzen, doch einen Marathon nahezu ohne Lauftraining zu laufen, war selbst für mich ziemlich verrückt. Allerdings konnte ich mich gut genug einschätzen, um zu wissen, dass dies für mich machbar wäre. Mit der Verletzung wurde es pünktlich zum Rennen dann auch langsam besser. An den Tagen vor dem Wettkampf lief alles bestens und ich freute mich auf das Rennen. Sonntagmorgen klingelte der Wecker irgendwann zwischen 3 und 4 Uhr. Ich frühstückte, packte meine letzten Sachen und machte mich mit etwas Pufferzeit auf den Weg zum Schwimmstart. Leider war die Verkehrsführung geändert und die neue Anfahrt nicht komplett ausgeschildert. Zudem bekam ich einen Parkplatz am anderen Ende des Sees. So kam ich erst mit dem Schliessen der Wechselzone an meinem Wechselplatz an. Es reichte gerade noch, um die Flaschen aufzufüllen und meine Verpflegung zu deponieren, die Kontrolle des Luftdrucks und andere Kontrollaktivitäten an Rad und Ausrüstung mussten entfallen – hier vertraute ich einfach auf mein Gefühl, dass alles soweit eigentlich vorbereitet war und auch die Luft im Reifen für 180 km halbwegs passen müsste. Während ich den Neoprenanzug noch anzog, erfolgte der Start der ersten Gruppe mit allen Profis und ausgewählten Altersklassenathleten. Dann ging es schon für meine Gruppe ins Wasser. Normalerweise suche ich mir immer einen Platz am Rande des Feldes, wo ich erstmal in Ruhe und mit ausreichend Platz meinen Rhythmus finden kann. Doch heute schien mir das Feld im Wasser in beide Richtungen endlos zu sein, so verblieb ich in meiner mittigen Position – ein grosser Fehler wie sich in Kürze zeigen sollte. 

 Aus den Lautsprecherboxen am Ufer tönte wie man es auch aus dem Kraichgau kennt als Countdown-Lied „Hells Bells“. Dann erfolgte der Start. Beim Einschwimmen hatte ich mich noch recht gut gefühlt. Doch nach dem Startschuss wurde es schnell eng, ich wurde bedrängt von allen Seiten, bekam Tritte und harte Schläge. Freischwimmen von den anderen funktionierte nicht, ständig war jemand vor, neben oder hinter einem und im nächsten Moment gab’s den nächsten Schlag. Einen Schlag oder Tritt bekam ich ganz unglücklich auf den Kiefer – ich sollte ihn noch Tage später als blauen Fleck am Kinn sehen können. Das war mir trotz meiner Erfahrung alles zu viel und ich bekam leichte Panikzustände. Nun ist das Gefühl für mich nicht ganz neu und ich wusste wie ich reagieren musste: so gut es geht raus aus der Menge, Brustschwimmen mit Kopf aus dem Wasser und möglichst schnell wieder zur Ruhe kommen. Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte, fing ich wieder vorsichtig an zu kraulen. Meine anvisierte gute Schwimmzeit konnte ich natürlich vergessen, so war für diese erste Disziplin mein Wille gebrochen und ich spulte das Schwimmen nur in einem ruhigen Rhythmus herunter, ohne mich noch sonderlich anzustrengen. Mit einer 1:09 kam ich relativ enttäuscht aus dem Wasser – ein bisschen mehr hatte ich trotz der Schwierigkeiten dann schon erwartet. Nach Auswertung meiner GPS-Daten und auch Gesprächen mit anderen Athleten vermute ich rückblickend allerdings, dass die Strecke zu lang war, was meine Zeit dann wieder etwas relativiert. GPS-Messung ist im Wasser technisch schwierig und kleinere Umwege sind im Freiwasser normal – diese sollen statistisch ca. bei 10-20% Abweichung liegen. Doch i.d.R. bin ich ein recht guter Freiwasserschwimmer und die Tatsache, dass die Meisten sich verschlechtert haben (ich kenne keinen persönlich, der sich an diesem Tage verbessert hat), lässt vermuten, dass die Annahme der zu langen Strecke stimmt; meine GPS-Messung ergab auf jeden Fall im Wasser eine Distanz von 4.1 Kilometer, also 300m über dem Soll. 

Der Wechsel auf’s Rad verlief ohne Probleme. In der ersten Runde hielt ich mich zurück – zügig, aber nicht zu schnell versuchte ich mir ein paar Reserven für Runde 2 aufzuheben. Von Überholern liess ich mich nicht verrückt machen – letztes Jahr in Lanzarote hatte ich viele gegen Ende der zweiten Disziplin wieder überholt, die vorher in einem Affenzahn an mir vorbei gebraust waren. Dieses Jahr sollte es ähnlich laufen. Die Beine waren gut, so spulte ich mein Pensum runter. Die äusseren Bedingungen waren gut: es war trocken und erst zur zweiten Runde hin frischte der Wind auf und machte uns das Leben etwas schwerer. Eigentlich ist das Teilnehmerfeld in Frankfurt gerade für das Radfahren etwas zu gross – es ist mitunter schwierig immer die vorgeschriebenen Abstände einzuhalten. Für mich ist das regelkonforme Fahren aber eine Selbstverständlichkeit, da es zu einem fairen Wettkampf einfach dazu gehört und ich nicht auf Gedeih und Verderb auf einen der vorderen Plätze aus bin, der eine Qualifikation für Hawaii bedeuten könnte. Nicht immer fahren Athleten aber so fair, so bekam ich unterwegs auch mehrere berechtigte Zeitstrafen wegen Regelverstössen mit. Im Grossen und Ganzen hatte ich jedoch den Eindruck, dass die meisten sauber zu fahren versuchten und Verstösse eher die Ausnahme blieben. Lediglich nach Frankfurt rein wurde es dann so eng, dass eine saubere Fahrweise kaum noch möglich war. Allerdings konnte man hier auch keine Zeit mehr gut machen. Diese Radstrecke gehört mit ihrem unruhigen Profil und den vielen Ortsdurchfahrten sicher nicht zu meinen Lieblingsstrecken, trotzdem lief es bei mir – im Rahmen meiner Möglichkeiten - an diesem Tage recht gut. Für die Zuschauer spektakulär ist sicher der Kopfsteinpflasterabschnitt in Maintal-Hochstadt. Viele Athleten fuhren hier unsicher hoch, suchten nach einer optimalen Linie über das Pflaster, hie und da verlor der eine auch etwas. Ich für meinen Teil suchte erst gar keine Ideallinie und bretterte zügig über das Kopfsteinpflaster, da es eine ideale Route auf Kopfsteinpflaster meiner Ansicht nach sowieso nicht gibt – etwas, das ich bei der Flandernrundfahrt gelernt hatte. Bei mir sass auch alles fest, hatte ich mein Rad vorher doch entsprechend präpariert. Vielleicht kam mir auch der nicht ganz so hohe Luftdruck in den Reifen entgegen, der das Geholper womöglich etwas erträglicher machte. Highlight für die Athleten ist auf der Radstrecke dann der Anstieg in Bad Vilbel, wo mit Abstand am meisten Zuschauer stehen und einen mit ihrer Anfeuerung nach oben peitschen. Auch heute war hier wieder gut etwas los (wobei das nicht vergleichbar ist mit dem Spektakel, dass man im fränkischen Triathlon-Mekka in Roth erleben kann). So beendete ich die zweite Disziplin nach gut fünfeinhalb Stunden relativ zufrieden mit meiner Leistung auf diesem zweiten Abschnitt. Nun folgte die ungewisse dritte Disziplin: der Marathon. 

Schon beim Verlassen der Wechselzone war mir warm – fast zu warm. Die Temperaturen waren mir mit dem Fahrtwind auf dem Rad gar nicht aufgefallen, doch hier unten am Main war mir schlagartig heiss. Das Thermometer war offenbar inzwischen über die 30 Grad-Marke geklettert und von kühlendem Wind war nur wenig zu spüren. Ich sollte mir später unterwegs noch einige Male einen leichten Nieselregen zur Abkühlung herbeiwünschen, doch solange ich unterwegs war, änderte sich nichts wesentliiches an den äusseren Bedingungen. Mein Laufstil war nicht so flüssig wie vor ein paar Wochen im Kraichgau - es wurde mir schnell klar, dass dies heute keine Bestzeit werden würde. Zumindest hielt die Sehne. Dafür merkte ich das fehlende Lauftraining durch leichte Verkrampfungen und immer schwerer werdende Beine. Ich versuchte mich aufgrund der Hitze ausreichend zu verpflegen, nahm mir an den Stationen immer viel Wasser, isotonische Getränke und Cola, so blieb ich zumindest von üblen Krämpfen verschont. Nur auf Essen hatte ich überhaupt keine Lust und beschränkte mich auf ein paar Gels unterwegs. So entwickelte sich der Marathon für mich mehr zu einem „Walk & Run“ – gelaufen wurde zwischen den Verpflegungen, während ich es dort dann jeweils ruhiger angehen liess. Im Gegensatz zu meinen letzten beiden Teilnahmen sah ich unterwegs leider weniger bekannte Gesichter. So blieb der Motivationsschub und die Ablenkung von dieser Seite eher gering. Ich spielte anstattdessen mit den anderen Zuschauern an der Strecke oder redete mit Athleten, um mich etwas von den Strapazen abzulenken, denn mit jeder Runde wurden die Beine schwerer und schwerer. Doch hatte ich mir früh ausgerechnet, wieviel Zeit ich maximal brauchen durfte, um meine Zeit von 2002 zu schlagen. Dieses Ziel trieb mich an und es kam wie so oft: die letzten Kilometer konnte ich das nahe Ziel vor Augen nochmal alle Kräfte mobilisieren und flog allen Strapazen zuvor zum Trotz förmlich dem Römerberg mit dem Zielbogen entgegen. Dann ging es ab vom Main, den blauen Teppich hinauf durch das Zuschauerspalier - vor mir tauchten der Römer und die beiden grossen Tribünen auf – rechts und links klatschte ich Hände ab – die Fotografen nahmen mich ins Visier – dann ging es durch den Zielbogen, über mir standen mein Name und meine Zielzeit – die Zeit war klar besser als 2002, mir in diesem Moment aber eigentlich sowas von egal – ich hatte es geschafft und trotz der suboptimalen Vorbereitung den Ironman geschafft – den Marathon gelaufen!!! Klar kann ich es schneller – wäre ich gerne schneller gewesen – doch das war heute nicht so wichtig, man muss sich auch mal über nicht so gute Resultate freuen können, wenn es die Umstände eben nicht viel besser zuliessen. Natürlich habe ich nach dem Rennen darüber nachgedacht, ob ich in der ein oder anderen Situation nicht vielleicht die suboptimale Vorbereitung als Ausrede für ein schwächeres Abschneiden genommen habe und mich unter Wert verkauft habe. Doch dann kamen mir wieder die anderen Athleten in den Sinn, die ich unterwegs immer wieder an Rad- und Laufstrecke erschöpft habe gehen, sitzen oder liegen sehen. Vermutlich bin ich an diesem Tage nicht wie einige von ihnen an meine Grenzen gekommen, aber schmälert das meine Leistung? Viele hätten sich diesen Marathon oder den ganzen Wettkampf mit der Vorbereitung gar nicht erst zugetraut. Eine richtig gute Zeit wäre sowieso kaum möglich gewesen und ich habe dieses Jahr noch andere Ziele, die ich nicht gefährden wollte. So kann ich mit dem Ergebnis gut leben und bin auch ein kleines bisschen stolz auf mich diese 14te Langdistanz seit 2002 so durchgezogen zu haben.

17. Juni 2014

Ein kleiner Sieg irgendwo im Mittelfeld

Am vergangenen Wochenende war Deutsche Meisterschaft auf der Triathlon Mitteldistanz (1,9-90,1-21,1) bei der Challenge Kraichgau. Ich war dabei und musste im Verlauf des Rennens lernen, dass sich eine längere Verletzung, die besonders eine der 3 Disziplinen betrifft, auch bei den anderen beiden nicht einfach so wegwischen lässt. Wegen einer Achillessehnenreizung hatte ich seit Mitte Januar kein Lauftraining mehr absolviert. Einzige nicht ganz schmerzfreie Ausnahme war meine Teilnahme an der Brocken Challenge Anfang Februar. Seither hatte ich nur noch Schwimmen und Radfahren können, beide Disziplinen auch nicht immer 100% schmerzfrei und auch nur mit einer gewissen Vorsicht, da ich die Heilung für das Training nicht zu sehr beeinträchtigen wollte. Trotzdem wähnte ich mich für diese beiden Disziplinen vor dem Rennen im Land der 1000 Hügel in guter Verfassung, Frage war nur: welche Strategie würde ich wählen? Volles Tempo auf den ersten beiden Disziplinen und dann aussteigen - wandern? Oder doch der Versuch eines halbwegs normalen Wettkampfs und beim Laufen durchbeissen so gut es geht? Ich entschied mich am Vorabend für letztere Variante. Am Morgen vor dem Rennen war ich innerlich unruhig: meine Form konnte ich nur ungefähr einschätzen und ein gewisses Risiko war ja schon dabei dieses Rennen überhaupt zu machen, schliesslich hatte ich zuletzt nicht mal mehr ein lockeres Lauftraining gewagt, um endlich gesund zu werden. Ich versuchte die Ruhe zu bewahren und liess mich dann auch am See vor dem Rennen von nichts aus der Fassung bringen. Der Start würde in Wellen in Abstand von einigen Minuten erfolgen, um das Feld etwas zu entzerren. Ich wurde nach Kriterien, die mir nicht bekannt waren, in die vorletzte Gruppe einsortiert. 

Nach der Starts der Profis und der ersten Altersklassenalthleten ging es dann auch für unsere Gruppe ins Wasser – nur noch weniger Minuten bis zum Start. Aus dem Boxen dröhnte „Eye of the tiger“ – für mich die Sporthymne schlechthin – genau das Richtige, um mich nochmal in die richtige Angriffsstimmung zu bringen. Die Morgensonne schien auf uns herab und der See war warm, eines Neoprenkälteschutzanzugs hätte es meines Erachtens bei dieser Temperatur nicht bedurft. Nach kurzem Einschwimmen pochte ein Pulsschlag aus dem Boxen am Ufer, dann der Anfang von „Hells Bells“ und der traditionell ohrenbetäubende Startschuss. Für die aussenstehenden Zuschauer begannt das Wasser nun vermutlich optisch an zu brodeln – so ein Schwimmstart ist nie so ganz ohne, man muss ständig auf der Hut sein und immer mit dem ein oder anderen Schlag rechnen. Auch dieses Jahr blieb ich nicht ganz verschont, doch lief es im Vergleich zu den Vorjahren weitgehend glimpflich ab. Vielleicht lag das daran, dass ich nicht immer die Ideallinie wählte, sondern mich eher am Rande des Felds aufhielt. Dafür schlug ich dort aber ein für mich recht forsches Tempo an. Weiterer Nachteil dieses Weges war, dass ich nur selten den Wasserschatten eines Vordermanns nutzen konnte, doch letztendlich wollte ich ja mich testen und nicht gewinnen. Wie im Schwimmtraining merkte ich heute meinen verletzten Fuss, doch zum Glück schmerzte er nicht zu sehr. Im Wettkampftrubel war der Schmerz auch schnell verdrängt. Nach 32:05 Minuten entstieg ich dem lauwarmen Wasser des Badesees. Die ersten Schritte das Ufer hinauf waren furchtbar – meine Sehne erschien mir auf den ersten Schritten schwach und der Körper unter meinem Gewicht wegzusacken. Ich konnte mich fangen, griff meinen Wechselbeutel und setze mich erstmal auf eine Bank, um aus den Schwimmsachen und die Radsachen zu wechseln. Denn griff ich in weniger Hektik als sonst mein Rad und machte mich auf zur 2. Disziplin – die Schritte in den Radschuhen heraus aus der Wechselzone liefen schon deutlich besser als zuvor. 

Auf dem ersten Kilometer versuchte ich langsam in meinem Rhythmus zu finden. Ich war mir nicht sicher, wie ich die 90,1 km im Wettkampftempo schaffen würde, war ich doch wegen der Verletzung zuletzt keine ganz so langen Trainingsrunden mehr gefahren. Der Wind war heute Morgen nicht ohne und es wurde wärmer - das würde so oder so eine harte Tour werden! Noch einmal überlegte ich kurz, ob ich nicht doch härter auf Anschlag fahren sollte. Doch mit der Vorstellung womöglich erst ein hartes Radfahren und danach ganz sicher nochmal einen sehr harten Halbmarathon zu haben, konnte ich mich nicht anfreunden, das Risiko auch in Hinblick auf einer Verschlimmerung meiner Verletzung schien mir zu gross. So spulte ich meine Kilometer in normalem Tempo ab und liess mich auch nicht von überholenden Radfahrern zu einem schnellerem Tempo verleiten. „Normales Tempo“ ist relativ – manch einer wäre froh, wenn er so eine schwere Strecke mit einem Schnitt von über 30 km/h fahren könnte. Ich war zufrieden und genehmigte mir nebenbei auch immer wieder mal einen Blick in die Landschaft. Zwar war die Strecke für mich nicht neu, doch irgendwie erschien es mir heute Morgen besonders schön über die Kraichgau-Hügel zu fliegen. Am Rand der Strecke immer wieder kleine Kunstwerke aus Heuballen oder Schilder zu Anfeuerung. Nun bin ich sicher kein grosser Abfahrer, doch habe ich mich in letzter Zeit um einiges verbessert. Leider bekam ich jetzt einen Nachteil meiner hinteren Startgruppe zu spüren – auf den schnelleren Abfahrten wurde ich mehrfach von vorsichtigeren Abfahren ausgebremst. Vielleicht hätte ich mit etwas mehr Risiko auch an ihnen vorbrettern können, doch nur zu gut weiss ich wie ich selbst dieses riskante Abfahren anderer Athleten hasse, so blieb ich meist hinter ihnen zurück und nahm den Zeitverlust in Kauf. Mitunter waren die Bremsmanöver für mich aber auch nicht ganz einfach – vermutlich muss ich noch etwas daran arbeiten einen guten Mittelweg finden, um solche langsameren Abfahrer doch auch mal zu überholen. Während ich in der ersten Hälfte der grossen Radrunde wie viele mit den Anstiegen zu kämpfen hatte, lief es im zweiten Teil deutlich besser. Die Anstiege hinter Menzingen und den Schindelberg flog ich im Vergleich zu meinem Mitstreitern förmlich hinauf, wobei sich das im Resultat der Bergwertung leider nicht wiederspiegelt. Ich kann mir das nur so erklären, dass zu dieser Ziel viele der schnelleren Radfahrer schon vor mir gewesen sein müssen. Auf dem letzten flachen Stück nach Östringen versuchte ich mich nochmal zu verpflegen – aus Gewohnheit weiss ich, dass auf der Laufstrecke damit mir immer etwas schwer tue. Nach 2:59:37 Stunden erreichte ich die 2. Wechselzone in Bad Schönborn.

Zielbereich einen Tag vor dem Start
Somit war die Pflicht geschafft, nun folgte der unsicherer Teil .. über ein halbes Jahr kein Lauftraining mehr und jetzt aus dem Stand ein Halbmarathon! Aber ich wollte es zumindest versuchen – einfach nur laufen, laufen und immer weiter laufen. Denn wenn ich erstmal unterwegs anfangen würde zu gehen, dann würde es schwer werden .. verdammt schwer. Zuerst musste aber mein Fuss mitspielen. Würde er das nach der kleinen Schrecksekunde heute Morgen nach dem Schwimmen? Die ersten Schritte in den Laufschuhen waren ungewohnt und unsicher. Ich versuchte halbwegs sauber zu laufen. Zu Beginn geht es erstmal leicht den Hügel runter, das kam mir entgegen, weil ich mich nicht zusätzlich anstrengen mssute und erstmal auf den Laufstil konzentrieren konnte. Der Fuss hielt. Nach dem ersten Kilometer geht es dann im Kurpark ein paar Höhenmeter hinauf. Wie tat ich mir hier schwer – und das ich als Bergläufer! Doch wo ein Berg ist, da geht es auch wieder irgendwo bergab und ich konnte mich zumindest kurzzeitig wieder fangen. So zogen sich die ersten Kilometer wie Kaugummi. Leider ist die Laufstrecke selten flach und gerade und so musste ich lernen mit den ständigen Tempo-, Profil- und Richtungswechseln zurecht zu kommen. Die Kilometerschilder am Rande waren zu Beginn recht demoralisierend, standen doch auch die Kilometerangaben für die jeweilige Stelle in den folgenden beiden Runden darauf. Diese Kilometerzahlen waren für mich gerade unvorstellbar. Doch mit der Zeit lernte ich die Schilder anders zu lesen. Irgendwann interessierten mich die anderen Zahlen nicht mehr und für mich zählte nur noch die gerade relevante Zahl – ich war also ohne Lauftraining 5 Kilometer gelaufen .. 6 Kilometer .. 9 Kilometer am Stück! .. 11! .. 15 Kilometer gelaufen ohne grosse Gehpause! .. die Zahlen wuchsen und ich näherte mich meinem Ziel. Ich war sooo dankbar für jeden gelaufenen KIlomter! Langsam wurden die Beine aber auch steifer und meine Bewegungen unrunder, doch ich versuchte den Motor am laufen zu halten. Wenn ich jetzt anfangen würde zu gehen, dann würden die letzten Kilometer unendlich lang werden. Meine Sehne spielte immer noch mit – wenn sie mitspielte, dann konnte ich jetzt nicht nachlassen. Die Laufzeit würde nicht gut werden, aber ich könnte beim Halbmarathon unter 2 Stunden bleiben und wäre ohne Training ausser an den Verpflegungen durchgehend gelaufen! Ich unterhielt mich unterwegs mit anderen Athleten, scherzte und lenkte mich ab. Ich überlegte mir sogar gegen Ende etwas zu beschleunigen und ab wo ich das wagen könnte. Dann kam das letzte Kilometerschild. So ganz konnte ich dem Schild nichg glauben – dieser letzte Kilometer müsste nach meiner Schätzung wesentlich länger als 1000m sein! Aber sei es drum – was zählte war, dass ich das fast für unmöglich geglaubte geschafft hatte und ankommen würde – laufender Weise! Kein Humpeln, keine Schmerzen in der Sehne, nur ein bisschen steife Beine. Dann der Zieleinlauf im Stadionrund. Ich versuchte die Hände der Leute an der Balustrade abzuklatschen, doch offenbar waren die Zuschauer hier heute nicht darauf eingestellt. Dann nach einem Halbmarathon in 1:57:41 Stunden der finale Schritt durch das Zieltor. Mit einer Gesamtzeit von 5:35:45 Stunden konnte ich dem Gründer der Veranstaltung die Hand schütteln und nahm die Medaille entgegen – ich war nicht wirklich fertig, aber so dankbar hier heute angekommen zu sein. Und richtig stolz auf diese Medaille, selbst wenn ich schon deutlich schneller unterwegs war. 

Etwas später beim Blick auf die nackten Zahlen meines Ergebnisses empfand ich kurz doch etwas Enttäuschung darüber, dass ich auf dem Rad und beim Schwimmen nicht noch besser gewesen war. Doch wenn man die Vorbereitung betrachtet und sieht, dass ich eben nicht voll trainieren konnte, leichte Schmerzen beim Schwimmen hatte und auch auf dem Rad vorsichtig agieren musste, dann geht das Ergebnis eigentlich voll in Ordnung. Von dem Lauf muss man nicht sprechen: das geht gesund natürlich wesentlich schneller, aber ohne Vorbereitung und immer noch angeschlagen, war das ein Hammerlauf! Von der Platzierung gesamt bin ich im Mittelfeld gelandet (869. von 1569 Männern/ 131 in M40/ 759. in der Wertung der Deutschen Meisterschaft) - was soll man sich bei solchen Rahmenbedingungen da noch beschweren? Die Organisation des Rennens war trotz einiger Wechsel im Orgateam wiedermal auf hohem Niveau. Warum der Busshuttle mich und einige andere nicht zurück an den See bringen wollte, habe ich nicht näher hinterfragt und das einfach als Auflockerung der Beine angesehen, deshalb will ich das nicht weiter kommentieren. Und ich hoffe mal, dass ich nächstes Mal wieder etwas weiter vorne starten kann und dann nicht mehr so häufig unterwegs ausgebremst werde. Der Kraichgau hat sich an diesem Tage auf jeden Fall von einer seiner schönsten Seiten gezeigt. Und der Sehne .. der geht es 2 Tage nach dem Rennen sehr gut. So wie es aussieht, kann ich bald wieder vernünftig laufen, doch jetzt bloss nichts überstürzen!

29. Mai 2014

Erdbeer & Ananas Smootie

Erdbeer-Ananas-Smootie
Ananas soll entzüngshemmend sein. Was liegt näher als sich mit der aktuellen Verletzung mal einen neuen passenden Smootie zu mixen?

Zusätzlich zur Ananas habe ich passend zur aktuellen Saison frische Erdbeeren genommen. Wenn ich vorher nicht so viele der leckeren Beeren weggeputzt hätte, hätte der Drink sicher noch ein tieferes Rot bekommen. Lecker war er trotzdem.

Zutaten:
  • 200 g Erdbeeren 
  • 1/2 Ananas 
  • 200 ml Eiswasser
  • 1/2 Zitronensaft

Auf dem Foto ist natürlich nur eine Untermenge der oben angegebenen Mengenangaben. Die Früchte vorher alle gut waschen!

22. Mai 2014

Eisenmann zwischen Pathos, Glauben und Erleben

Drüben über dem grossen Teich, haben sie das Spiel mit dem Pathos gut drauf. Für uns Europäer mag das manchmal etwas übertrieben wirken, doch letztendlich werden damit Emotionen angesprochen. Emotionen, die man als unbeteiligter Betrachter nicht empfinden muss. Doch wenn man zumindest einmal hier emotional betroffen war, dann können diese Gefühle schnell wieder hervorgeholt werden. Inzwischen habe ich 13 Triathlon Langdistanzen gefinisht. Der erste "Ironman"-Langdistanz-Triathlon fand 1978 auf Hawaii statt. Inzwischen finden auf der ganzen Welt vergleichbare Wettkämpfe unter dem kommerziellen Ironman-Label wie auch unter anderen Namen und Serien statt. Unter dem Label Ironman laufen inzwischen auch noch kürzere Distanzen. Ich selbst kümmere mich wenig um ein Label - mein Lieblingsrennen ist bekanntlich das zur (ebenfalls privaten) "Challenge"-Serie gehörende in Roth bei Nürnberg. Unter dem "Ironman"-Label bin ich bis dato bei den folgenden Rennen unterwegs gewesen: Frankfurt, Klagenfurt (Österreich), Zürich (Schweiz), Lanzarote (Spanien), Cozumel (Mexiko), Sherborne Castle (Grossbritannien) und Antwerpen (Belgien). Egal ob "Ironman" oder ein anderer Triathlon, ob Langdistanz oder kürzer: die Kombination der 3 Volkssportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen in einem Rennen hat schon etwas Besonderes. Und JEDER, der sich überwindet, dieser Aufgabe stellt, kann sich im Ziel als ein Sieger fühlen. Vielleicht ist es das, was mich seit nunmehr 12 Jahren immer noch an diesen Sport bindet, mich weiterhin gerne bei solchen Rennen starten lässt. Jedes Mal frage ich mich vorher auf's Neue, ob ich das Rennen nochmal ordentlich schaffen kann. Oft stelle ich dann fest, man muss nur fest dran glauben, denn "anything is possible!"

11. April 2014

Bundesliga oder Laufen gehen?

Hier ein wie ich finde treffendes Zitat zum Thema Laufen von Joe, einem befreundeten Ultraläufer:

"Warum ich laufe? dazu Zitat aus meinem Bericht über die 235 km durch Kambotscha: Warum? Weil ich es kann. Ein Tag vor der Glotze bei Tatort und Bundesliga ist morgen schon aus deiner Lebenslinie getilgt, vergessen. 24 Stunden deines Lebens sind vernichtet. Deine Enkel werden dich nie fragen, wer der Mörder bei welchem Tatort war, wer das Supertalent 2012 war, oder wer das Tor gegen Werder geschossen hat. Aus, weg, vorbei. Du vernichtest dein eigenes Leben auf dem Sofa, oder beim Sonntagsbrunch mit deinen Schwiegereltern, bist Mörder deiner eigenen Dreamline, weil dir dein Fettarsch lieber ist als die Eroberung einer Zeitlinie."
(siehe http://www.trailrunning.de/laufberichte/the-ancient-khmer-path/the-ancient-khmer-path/1934/1)
Das kann man natürlich auch auf jede andere Sportart übertragen. Also raus mit Euch - bewegt Euch!!!

2. April 2014

How To Be An Ultra Runner

Das Video heute ist für Britta und alle anderen, die mal Ultraläufer werden wollen.